Für eine neue Mauer!

Auf der Website von „Die Zeit“ befindet sich unter http://www.zeit.de/2015/17/fluechtlinge-zuwanderung-regulierung eine Kurzdiskussion, ob die EU ihre Grenzen für Flüchtlinge öffnen soll. Nicht erörtert wurden dabei die Interessen der Herkunftsländer der Flüchtlinge, die - wie die DDR um 1961 - kein Interessen an einer Massenabwanderung qualifizierter Bürger haben können. Die Vertretung eines Staates, der 28 Jahre lang bereit war, seine Staatsgrenze gegen massive Kritik mit der Waffe zu verteidigen, wäre unglaubwürdig, wenn sie jetzt die EU auffordern würde, ihre Grenzen zu öffnen. Wenn z.B. die Deutsche Kommunistische Partei, die früher die Verteidigung der Staatsgrenze der DDR unterstützt hat, heute in Bezug auf die EU-Außengrenze eine andere Meinung vertritt, dann ist das die Sache ihres Parteivorstandes. Diese Partei hat in den 1980er Jahren den Islamismus in Afghanistan und die Notwendigkeit seiner Bekämpfung auch anders eingeschätzt als nach 2001. Seit den 1980er Jahren hat diese Partei viele ihrer Positionen verändert und 90 % ihrer Mitglieder verloren.

 

Die DDR-Bürger, die vor dem Mauerbau ihr Land verlassen haben, würde man heute in ihrer großen Mehrheit als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen. Auch die Flüchtlinge aus Afrika (die kompliziertere Situation der Menschen aus Syrien oder dem Irak soll an dieser Stelle nicht erörtert werden), die es sich leisten können, ein paar tausend US-Dollar an Schlepper zu bezahlen, sind wie die damaligen DDR-Flüchtlinge oft gut ausgebildet und fehlen der Wirtschaft in ihren Herkunftsländern. Wenn keine konkrete Verfolgungssituation besteht bleibt das Hauptmotiv, dass Fachkräfte in Europa vielleicht das 20fache verdienen wie in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Einfache Arbeiter haben vielleicht noch ein stärkeres Einkommensgefälle, können sich aber eine Flucht nach Europa nicht leisten. Das Internet bringt diese Informationen in den letzten Winkel der Welt und vermittelt mit Berichten über demografischen Wandel und Fachkräftemangel noch ein falsches Bild. Es wird nicht gesagt, dass afrikanische Ingenieure trotz Fachkräftemangel am Ende in Europa als Hilfsarbeiter arbeiten. Ihre Ausbildung hätte für die Menschen einen größeren Nutzen, wenn sie in ihren Heimatländen im erlernten Beruf arbeiten würden und dor natürlich auch Arbeit finden würden. Wie so oft scheint der Markt hier zu versagen und es versagen auch die Regierungen der Herkunftsländer.

 

Am 13. August 1961 hat die Regierung der DDR ihre Grenzen geschlossen und damit das Überleben ihres Staates gesichert. Am 9. November 1989 wurden die Grenzen in einer chaotischen Weise geöffnet und damit der Untergang der DDR eingeleitet. Die DDR konnte also ihre Grenzen geschlossen und ihre gut ausgebildeten Bürger im Land behalten. Heute besteht aber ein Migrationsdruck in globalem Ausmaß und im umgekehrten quantitativen Verhältnis. 1961 standen 16 Mio. DDR-Bürger 60 Mio. BRD-Bürgern gegenüber, also bei einem vollständigen Ausbluten der DDR hätten 15 Wessis 4 Ossis versorgen müssen. Heute haben wir eine Weltbevölkerung von 7 Mrd., von den schätzungsweise mehr als die Hälfte unter unserem Existenzminimum lebt, und 500 Mio. EU-Bürger, die teilweise auch arm sind. Würden die 3,5 Mrd. Armen dieser Welt in die EU kommen, müsste ein EU-Bürger 7 Armutsflüchtlinge versorgen. Stellen wir uns vor, im Garten des Einfamilienhauses einer vierköpfigen Familie würden 28 Afrikaner kampieren. Es ist gut nachvollziebar, wenn jetzt die Menschen in der EU über den Bau einer neuen Mauer nachdenken.

 

In den 50er und 60er Jahren ging es dem Westen um eine politische Destabilisierung des Ostblocks, weil man seinen Zusammenbruch wollte. Die DDR-Flüchtlinge wurden deshalb ermutigt. Europa darf aber nicht den Zusammenbruch Afrikas wollen, sonden das Gegenteil. Die Befürworter offener Grenzen betreiben aber den Zusammenbruch Afrikas – so wie eine offene Grenze in Berlin schon 1961 zum Zusammenbruch der DDR geführt hätte. Offene Grenzen mit der zusätzlichen Botschaft an die Flüchtlinge, dass man sie auch aus Seenot retten will, würde zusätzliche Wanderungsbewegungen auslösen. Es würden sich nicht die leistungsschwachen auf den Weg machen. Afrika würde weiter verarmen und es würden vor allem auch die Leute das Land verlassen, die den Widerstand gegen die oft korrupten Regierungen organisieren und endlich politische Verhältnisse schaffen könnten, die auch eine wirtschaftliche Entwicklung erlauben würden.

 

Nötig ist eine Schließung der Grenzen verbunden mit einem konkreten Angebot zum Aufbau wirtschaftlicher Perspektiven in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Die Entwicklungshilfe der letzten 50 Jahre hat sich als wirkungslos und oft sogar als schädlich erwiesen. Sie hat teilweise korrupte Strukturen geschaffen und die lokale Wirtschaft belastet. Die Länder sollten auf den Weltmarkt ausgerichtet werden, waren dort aber nicht konkurrenzfähig. Diese Konzepte sind keine glaubwürdie Perspektive, die den Migrationsdruck aus dem Kessel nehmen würde!

 

Wie der Vergleich der EU-Grenze mit der DDR-Grenze provoziert, so soll auch an dieser Stelle eine provozierende Idee vorgestellt werden:

 

Man sollte es statt mit Entwicklungshilfe mit einer zeitlich begrenzten Rekolonialisierung Afrikas versuchen. Es sollten den Ländern Kooperationsverträge angeboten werden mit der EU, mit denen sie sich einer politische Kontrolle durch die EU-Kommission unterwerfen würden. Man könnte diese Länder wie die ehemaligen deutschen Kolonien als Schutzgebiete bezeichnen. Die Verträge müssten den Aufbau demokratscher Strukturen, eines vertrauenswürdigen Rechtssystems und einer funktionierenden Verwaltung, insbesondere die Entmachtung der bisherigen Eliten vorsehen. Im Gegenzug würde die EU die Anschubfinanzierung für eine Verbesserung der Infrastruktur bereitstellen, Investoren werben und die Steuereinnahmen würden im Land investiert. Demokratisch gewählte Parlamente müssen dann auch die Möglichkeit haben, die Kooperationsverträge zu ändern.

 

Natürlich würden die lokalen Diktatoren dieses Angebot nicht annehmen. Das Angebot, Europa nach Afrika zu bringen statt die Afrikaner nach Europa kommen zu lassen verbunden mit den geschlossenen Grenzen Europas kann aber dazu führen, dass eine wachsende Opposition in den Ländern Druck aufbaut und die korrupten Regierungen aus dem Amt jagt. Erst damit würden die Voraussetzungen geschaffen, dass sich in einem stabilen Umfeld eine Wirtschaft entwickelt, die die Migrationsströme stoppen kann. Für die Bürger eines stabilisierten Schutzgebietes könnte die EU ihre Grenzen öffnen.

 

Wie beim Mauerbau 1961 muss zwischen kurzfristigen und langfristigen Wirkungen unterschieden werden. Die Mauer war für die DDR kurzfristig alternativlos, wenn sie ihren Zusammenbruch verhindern wollte. Die Toten an der Grenze waren der Preis dafür. Niemand hat einen DDR-Bürger gezwungen, sich in den als militärisches Sperrgebiet ausgewiesenen Todesstreifen mit ausdrücklichen Warnungen vor dem Schusswaffengebrauch (an Bundeswehrkasernen hingen vergleichare Schilder) zu begeben, wie auch heute niemand gezwungen wird, von Lybien aus mit einem klapprigen Boot auf das Mittelmeer zu fahren. Mit der Mauer konnte sich die DDR innerhalb weniger Jahre wirtschaftlich stabilisieren. Die SED hat aber die gewonnene Zeit nicht genutzt, um die Gesellschaft auf einem breiten Konsens aufzubauen. Der Prager Frühling von 1968 wäre 17 Jahre vor Gorbatschow eine gute Chance gewesen, ihren Untergang 1990 zu verhindern.

 

Auch die Rufe nach einer Schließung EU-Grenzen können nur kurzfristige Maßnahmen sein. Mit ihr würde ein Rückstau aufgebaut, der die EU in 25 bis 30 Jahren erschlagen kann, wenn das globale Armutsproblem in dieser Zeit nicht gelöst würde. Aber ist die Grenzschließung nicht kurzfristig alternativlos, wie 1961 der Bau der Mauer? Anders als 1961 darf die Zeit jetzt aber nicht verschlafen werden!

April 2015

 

 

Erst nachdem ich den Text „für eine neue Mauer“ geschrieben und veröffentlicht hatte, hat sich der Flüchtlingsstrom über die Balkanroute in Bewegung gesetzt. Nach anfänglicher Hilfsbereitschaft mit der unüberlegten Einschätzung „wir schaffen das!“ hat sich Ende 2015 die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Wanderungsbewegung dieser Größe auf Dauer nicht bewältigt werden kann. Meine Aussage vom April 2015, „Offene Grenzen mit der zusätzlichen Botschaft an die Flüchtlinge, dass man sie auch aus Seenot retten will, würde zusätzliche Wanderungsbewegungen auslösen.“, hat sich bewahrheitet. Schon die verkürzt kommunizierte Bereitschaft der Bundeskanzlerin, 5.000 vor dem Budapester Hauptbahnhof kampierende Flüchtlinge aufnehmen zu wollen, hat eine Wanderungsbewegung ausgelöst.

  

Wenn das Problem anhand der Größe von 3,5 Mrd. Armen weltweit betrachtet wird wären schon 1 % davon 35 Mio. mögliche Armutsflüchtlinge, und bei dieser Zahl würde niemand glauben, dass man das schaffen könne. Die Ereignisse der Silvesternacht 2015 in Köln (und anderswo) hat die zusätzliche Erkenntnis hervorgebracht, dass die Sozialisation vieler Flüchtlinge aus ihren Herkunftsländern eine Belastung darstellen kann, die die Grenze der Aufnahmefähigkeit weiter absenkt. Die Entscheidung öffentlich-rechtlicher Fernsehsender, nicht sofort über diese Vorgänge zu berichten hat ebenso Misstrauen ausgelöst wie das zu zaghafte Vorgehen der Polizei. Jetzt muss die Politik klarstellen, dass die europäischen Wertvorstellungen nicht zur Disposition stehen. Dass in der Vergangenheit das Entstehen von Parallelgesellschaften, deren Werte nicht mit denen bürgerlicher Demokratien und schon überhaupt nicht mit sozialistischen Vorstellungen vereinbar sind, praktisch geduldet hat, rächt sich jetzt.

  

Es hat sich unter deutschen Politikern die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Einwanderung gestoppt werden muss; man weiß nur nicht wie. Die Forderung der CSU nach Schließung der Grenze wurde nicht ohne Grund als unrealistisch kommentiert. Die Feststellungen von AfD-Politikerinnen, dass eine Grenze auch mit Schusswaffengebrauch verteidigt werden könne, hat Empörungen ausgelöst. Nur eine Grenzsicherung nach dem Vorbild der DDR wäre effektiv; davon hat sich aber auch die AfD distanziert.

  

Der Eindruck der Bürger von der Ratlosigkeit der Politik dürfte zutreffen. Die CSU fordert die Schließung der Grenzen, will sie aber nicht wirksam durchsetzen! Auch die SPD will die Flüchtlingszahlen reduzieren, weiß aber nicht wie! Dazwischen arbeitet die Kanzlerin erfolglos an einer europäischen Lösung.

  

Auch der DDR-Staatsrat hat neben der Feststellung, dass die DDR mit ihren gut kontrollierten Grenzen bei ihrem Fortbestehen von dem Problem nicht betroffen wäre, keine Patentlösung. Wahrscheinlich müsste man sich auf die Suche nach einer Reihe sicherer und weniger dicht besiedelter Drittstaaten machen, die mit finanzieller Unterstützung aus Europa zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit wären. Die würde man dann aber nicht auf deutschem Sozialhilfeniveau versorgen können. Mehr als eine Starthilfe um sich möglichst schnell selbst versorgen zu können wird sich nicht organisieren lassen. Das war aber auch in der Vergangenheit immer das Wesen von Einwanderungsländern. In den USA des 19. Jahrhunderts gab es keine Sozialleistungen für Einwanderer.

  

Man wird das große Problem nicht mit kleinlichen Lösungsansätzen bewältigen können. Den Politikern fehlt es aber offensichtlich an der Fähigkeit oder an der Bereitschaft, völlig neue Wege auszuprobieren.

Februar 2016

 

Die Video-Bloggerin Jasinna analysiert nach der Methode von Karl-Eduard von Schnitzler aus seiner Sendung „Der Schware Kanal“ im DDR-Fernsehen den Wahrheitsgehalt von Aussagen aus dem BRD-Fernsehen. Der folgende Beitrag gibt ausschließlich die Meinung der Verfasserin wieder.

 

Karl-Eduard von Schnitzler und Der Schwarze Kanal: